Wie Intellektuelle die Occupy-Bewegung sehen
Eine gewisse Schadenfreude kann Paul Krugman nicht verbergen. Erst habe die Wall Street das Protestcamp der Occupy-Aktivisten im Zuccotti Park verächtlich abgetan, schreibt er in seiner New York Times-Kolumne. Nun, wo die Bewegung auf immer größere Resonanz stößt, setzt das „Gejammer“ ein. Doch die Börsianer hätten keinen Grund sich missverstanden zu fühlen, meint der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2008. Schließlich habe die Wall Street in hohem Maß zur ökonomischen Polarisierung und wachsenden Ungleichheit in den USA beigetragen. Trotzdem wähnte sich die Finanzindustrie unangreifbar und reagiert nun umso geschockter auf die öffentliche Empörung, so der keynesianische Ökonom: „Bis vor ein paar Wochen schien es, als habe die Wall Street unser politisches System derart wirksam bestochen und eingeschüchtert, dass es vergaß, wie dort üppige Gehaltsschecks ausgestellt und gleichzeitig die Weltwirtschaft zerstört wurde.“
Ähnlich wie Krugman haben viele Intellektuelle erfreut bis enthusiastisch auf die neue globale Protestbewegung reagiert. Es scheint, als ob die engagierten Künstler und Theoretiker nur auf diesen Moment gewartet hätten, um nun mit Statements, Unterstützungserklärungen und Essays hervorzutreten. Binnen kurzer Zeit haben auf OccupyWriters.com gut 1.200 Autoren ihre Solidarität bekundet, darunter Salman Rushdie, Margaret Atwood und Jonathan Lethem. Ebenso zu den Unterzeichnern gehören Adam Haslett, der mit Union Atlantic einen der ersten Romane zur Krise geschrieben hat, der Fantasy-Kult-Autor Neil Gaiman und die Comiczeichnerin Alison Bechdel.
Alice Walker hat für die Website ein Gedicht beigesteuert, mit dem sie auf die Festnahme des Theologen Cornel West bei einer Occupy-Aktion in Washington reagiert. Der Princeton-Professor hatte schon im August in einem wütenden Kommentar für die New York Times beklagt, in den USA herrsche seit 30 Jahren ein „einseitiger Krieg gegen Arme und arbeitende Menschen im Namen einer moralisch bankrotten Politik von Marktderegulierung, Steuersenkungen und Haushaltskürzungen zu Lasten jener, die bereits sozial vernachlässigt und wirtschaftlich aufgegeben worden sind.“ West fügte hinzu: „Unsere zwei größten Parteien … haben lediglich alternative Versionen oligarchischer Herrschaft zu bieten.“
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